Ökonomie und Geschlecht sind beides relationale Konzepte, die sich erst durch Beziehungen zu anderen Menschen verwirklichen. Dabei sind ökonomische Verhältnisse eng mit Geschlechterbeziehungen verbunden, und die Möglichkeiten, die sich für eine Person in einer Gesellschaft ergeben, zutiefst durch das zugewiesene Geschlecht sowie die Klasse, in die jemand hineingeboren ist, geprägt. Frauen erfahren in unserer Welt immer noch eine doppelte Diskriminierung, zum einen durch das Geschlecht, zum anderen durch ihre ökonomische Situation, die sich beispielsweise durch geringeres Einkommen, schlechter bezahlte Berufe, einen höheren Anteil an unbezahlter Arbeit und sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz auszeichnet. Laut Oxfam besitzen insgesamt Männer weltweit 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen.1
Dabei ist zu bedenken, dass sich die Lage von Frauen im Verlauf des 20. Jahrhunderts deutlich gebessert hat, was sich auch in einem Zuwachs an Vermögen niederschlägt. Gebremst wird die gleichberechtigte Möglichkeit, Vermögen aufzubauen, durch das bestehende geschlechtsspezifische Lohngefälle bei Frauen. Zu bedenken sind hierbei auch die enormen Gefälle zwischen den Weltregionen. So leben in Europa und Nordamerika nur 17 Prozent der weltweiten erwachsenen Bevölkerung, zu finden sind dort allerdings 61 Prozent des weltweiten Vermögens.2
Aber auch Geschlechterstereotype in Bezug auf das Thema Geld stellen einen Hinderungsgrund dar, dass Mädchen und Burschen sich gleichermaßen und gleichberechtigt damit befassen können. Geld zu verdienen, insbesondere, um eine Familie zu versorgen, gilt oft noch als männlich konnotiert, und auch bei Bildern von wichtigen Finanzeinrichtungen dominieren Männer. Frauen sind vor allem in Österreich besonders häufig in Teilzeitanstellungen zu finden (48 Prozent Anteil aller Beschäftigten), wodurch das Bild der zuverdienenden (vom Einkommen eines Partners) abhängigen Frau perpetuiert wird.3
Angesichts dieser Tatsachen ist es daher für Jugendliche immens wichtig, sich frühzeitig mit finanzieller Bildung, bestehenden Machtverhältnissen in Beziehungen und damit verbundenen Geschlechterstereotypen auseinanderzusetzen, um tatsächliche Gleichberechtigung zu erlangen. Besonders die Themen unbezahlte Fürsorgearbeit, die häufig von Mädchen geleistet werden muss, gilt es zu hinterfragen und auf alle Geschlechter gleichberechtigt aufzuteilen.
Dabei gilt es, den Jugendlichen die bereits erzielten Fortschritte zu vermitteln und ihnen die im europäischen Kontext bestehenden Chancen und Möglichkeiten, die sie besitzen, aber auch einfordern müssen, darzulegen. Gleichberechtigung bedarf rechtlicher und ökonomischer Gleichstellung, und nur diese ermöglicht es jungen Menschen, Beziehungen gleichberechtigt zu leben und sich die anfallenden Fürsorgetätigkeiten fair aufteilen zu können.
Vgl. Männer besitzen laut Oxfam 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. Zeit Online, 20.1.2020: https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-01/vermoegensverteilung-oxfam-frauen-unbezahlte-arbeit.↩
Vgl. Global Wealth Report 2018: 40 Prozent des weltweiten Vermögens sind in Frauenhand. 18.10.2018: ttps://www.credit-suisse.com/about-us-news/de/articles/news-and-expertise/global-wealth-report-2018-women-hold-40-percent-of-global-wealth-201810.html, abgerufen am 19.11.2020.↩
Vgl. Statistik Austria: Gender-Statistik: https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/gender-statistik/index.html↩