Die Methode „Geschlechterbiografie” geht von persönlichen biografischen Erfahrungen und Erlebnissen der Teilnehmer*innen aus, zeigt Relevanz und Einfluss des Themas „Vielfältige Geschlechteridentitäten” auf die eigene Person bzw. den Alltag und bietet davon ausgehend die Möglichkeit über gesellschaftliche Werte- und Normvorstellungen sowie strukturelle vergeschlechtlichte (Gewalt-)Mechanismen zu diskutieren. Sie ist eine Adaption der gleichnamigen Methode aus der „Toolbox Alles Gender aber wie? Gender in der Kinder- und Jugendarbeit“1.
Durch das unmittelbare Anknüpfen an die Lebenswelten der Teilnehmer*innen eignet sich die Methode unter anderem gut als Einstieg. Darüber hinaus werden Wissensstände und Interessen innerhalb einer Gruppe sichtbar. So können im Falle von Folgeworkshops Schwerpunkte für die nächsten Einheiten daraus generiert werden.
Die Beschäftigung mit der eigenen Biografie kann eine spannende, mitunter aber auch schmerzhafte Erfahrung sein. Diese Ambivalenz gilt es zu bedenken. Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Trainer*innen sich im Vorfeld Gedanken über ihre eigene Geschlechterbiografie machen und sich insbesondere mit den Fragen, die sie mit den Teilnehmer*innen diskutieren wollen, auseinandersetzen, diese für sich selbst oder im Austausch mit anderen Personen reflektieren.
Methode „Geschlechterbiografie”. In: Toolbox Alles Gender, aber wie? Gender in der Kinder- und Jugendarbeit. Bundesjugendvertretung, 2013, https://bjv.at/wp-content/uploads/2020/03/toolbox-bjv_19-web-1.pdf; adaptiert im Rahmen des Projekts WITH YOU*TH.↩
Die Übung eignet sich für unterschiedlich große Gruppen. Für die Diskussion der Fragen in den Kleingruppen sind maximal fünf Gruppen zu fünf Personen, also insgesamt 25 Teilnehmer*innen ideal. Ist die Gruppe sehr klein (unter fünf Personen), können die Fragen zuerst auch von jeder Person einzeln für sich selbst beantwortet und anschließend in der gesamten Gruppe besprochen werden
Die Übung beinhaltet drei Schritte: Einleitung, Arbeit in Kleingruppen und Diskussion in der gesamten Gruppe.
Die Einleitung könnte beispielsweise so erfolgen:
„Heute beschäftigen wir uns mit unserer eigenen Biografie und welchen Einfluss Geschlecht darauf hat. Wir werden dazu zuerst in Kleingruppen arbeiten. Das heißt jede Gruppe bekommt einen Zettel mit verschiedenen Fragen und soll diese miteinander diskutieren. Es ist hilfreich, euch dazu Notizen zu machen. Anschließend treffen wir uns wieder in der gesamten Gruppe, um uns über das Besprochene auszutauschen. Wichtig ist: Die Fragen sind zum Teil sehr persönlich. Ich bitte euch also besonders sensibel damit umzugehen bzw. auch zu respektieren, falls jemand sich zu einer Frage nicht äußern möchte.“
Dann finden sich die Teilnehmer*innen in Kleingruppen (4 bis 5 Personen) zusammen oder werden von der*dem Workshopleiter*in eingeteilt. Die Zusammensetzung der einzelnen Gruppen ist nicht ohne Einfluss auf die Diskussion. So kann auch bewusst gelenkt werden, ob geschlechtlich eher heterogene oder homogene Kleingruppen gebildet werden. Jede Gruppe bekommt einen Zettel mit den Fragen zur eigenen Geschlechterbiografie, bespricht diese und macht sich Notizen. Anschließend wird gemeinsam in der großen Gruppe diskutiert.
Für die Diskussion in der großen Gruppe können folgende Fragen als Ausgangspunkt dienen:
Wie war es für euch diese Fragen zu beantworten?
Habt ihr euch über diese Dinge vorher bereits einmal Gedanken gemacht?
Habt ihr etwas Neues erfahren? Über euch selbst, über andere?
Findet ihr es wichtig, euch mit diesen Fragen auseinanderzusetzen?
Warum? Warum nicht?
Wie war es für euch in dieser Kleingruppe diese Fragen zu beantworten?
Wäre die Zusammensetzung der Gruppe in Bezug auf Geschlecht anders gewesen, hätte das die Diskussion beeinflusst? Wenn ja, in welcher Weise?
Gibt es etwas, das ihr mit der gesamten Gruppe teilen wollt?
Welche Themen, die sich aus dieser Übung für euch ergeben haben, würdet ihr gerne vertiefend besprechen?
Nicht selten bewegt sich die Diskussion innerhalb heteronormer binärer Geschlechtervorstellungen. Hier sind die Workshopleiter*innen gefragt, zusätzliche Lebensrealitäten und Perspektiven in die Diskussion mit einzubeziehen und dazu anzuregen, über als selbstverständlich angenommene Normen nachzudenken und diese zu hinterfragen.