WITH YOU*TH

Identitätsblume

Hintergrund

Die Übung entstammt ursprünglich der Methodenbox „Demokratie-Lernen und Anti-Bias-Arbeit“1. Sie wurde im Rahmen des Projekts WITH YOU*TH weiterentwickelt und im Schulkontext in der Unterstufe sowie mit 8 bis 9-Jährigen verwendet. In der Erwachsenenbildung wurde diese Methode mit Jugend- und Sozialarbeiter*innen sowie Freizeitpädagog*innen ausprobiert. Die Offenheit der Methode hat den Vorteil, dass mit sehr unterschiedlichen Gruppen gearbeitet werden kann.

Diese Methode schafft eine Basis für die weitere Beschäftigung mit Geschlechtervielfalt und Beziehungen. Sie dient der (Selbst-)Reflexion der eigenen (Geschlechts-)Identität und der von anderen. Die Ausgestaltung einer Blume bietet die Möglichkeit, sich kreativ mit sich selbst auseinanderzusetzen. Zudem wird Vielfalt positiv und bildhaft sichtbar.

Darüber hinaus können Erwartungshaltungen und Vorstellungen, die Personen an sich selbst richten oder durch ihr Umfeld sowie gesellschaftlich erfahren und die nicht selten von geschlechtsspezifischen, stereotypen Zuschreibungen geprägt sind, angesprochen und diskutiert werden. Diese Auseinandersetzung zielt auf eine größere Akzeptanz der eigenen Person und anderer, und daraus resultierend auf ein positives Miteinander hin, und stellt somit eine wichtige gewaltpräventive Basis dar.

Durch ihre Niederschwelligkeit eignet sich die Methode als Einstieg in einen Workshop bzw. eine Workshopreihe.


  1. Europahaus Aurich/Anti-Bias-Werkstatt (Hrsg.): Übung Power Flower. In: CD-ROM Methodenbox: Demokratie-Lernen und Anti-Bias-Arbeit. Aurich, 2007; adaptiert im Rahmen des Projekts WITH YOU*TH.

Praktische Hinweise

Gruppengröße

Die Methode ist flexibel einsetzbar, jedoch sollte die Gruppengröße nicht zu groß sein. Ideal sind Gruppen von 3 bis 20 Personen. Bei mehr als 20 Teilnehmerinnen ist es sinnvoll, die Blumen in Paaren (3 Minuten pro Person) zu besprechen und die Diskussion in der großen Gruppe auf die Reflexion der Übung zu beschränken. Es ist wichtig, die Teilnehmerinnen zu ermutigen, ihre Blumen individuell zu gestalten, dennoch muss Rücksicht darauf genommen werden, dass manche vielleicht mehr Anleitung brauchen, daher gilt es ausreichend Kopien der Vorlagen mitzunehmen.

Dauer

Materialien

„In einer Schulklasse mit Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Geschlechtsidentitäten und familiären Strukturen kann es helfen, nicht einfach nur weißes Papier als Grundlage zu verwenden, um die Vielfalt bereits in den unterschiedlichen Papierarten und der Farbgebung sichtbar zu machen. Selbst, wenn wir „nur“ eine Blume gestalten, steht diese doch für die eigene Identität, die an bestimmte Voraussetzungen knüpft. Unterschiedliche Papiere als Basis verdeutlichen dies.“

Trainer*in, poika

Aufbau und Anleitung

Die Übung besteht aus vier Schritten: Einführung in und Hintergrund der Methode, Gestaltung der Blumen, Diskussion zu zweit oder in der großen Gruppe und Abschluss bzw. Reflexion. Zu Beginn wird dargelegt, warum Identitätsblumen gestaltet werden und was die Ziele der Übung sind.

Die Einführung kann folgendermaßen geschehen, ist aber je nach Gruppenbedürfnissen abwandelbar:

„Heute sprechen wir über die Vielzahl von Geschlechtsidentitäten und wie wir selbst darüber reflektieren können, darüber wie verschieden und individuell wir sind. Mitunter kann es schwierig sein, über sich selbst zu sprechen, daher machen wir dies in Form einer Identitätsblume. Was ist eine Identitätsblume? Das ist die Blume, die ihr heute gestalten werdet und die euch in diesem Moment am besten repräsentiert. Ihr könnt ein leeres Blatt als Ausgangspunkt nehmen oder, wenn euch das lieber ist, eine von diesen Vorlagen. Nun gestaltet ihr eure Blume. In die Mitte könnt ihr euren Namen schreiben, so wie ihr genannt werden wollt, in dieser Gruppe, in diesem Moment. In jedes Blütenblatt könnt ihr einen Aspekt oder ein Merkmal, das für euch wichtig ist schreiben, malen oder mit den anderen hier verfügbaren Materialien gestalten. Dazu könnt ihr überlegen: Was magst du? Was macht dich aus? Was macht dich zu der Person, die du bist? Jedes Blütenblatt steht für eine Besonderheit, die du dir selbst gibst. Reichen die Blütenblätter nicht aus, weil du so viele Dinge findest, kannst du natürlich auch gerne rundherum schreiben. Jede Person sucht sich jetzt ein Blatt Papier als Basis und alle Materialien, die er*sie benötigt. Denke über dich selbst nach, deine Hobbies, Vorlieben, was du nicht magst, deine Familie, deine Freundinnen, deine Geschlechtsidentität usw. Was immer dir auch einfällt, es gibt kein richtig oder falsch. Gestalte deine eigene Blume, verwende die Farben, Materialien, Sprachen, die du magst. Ihr habt dafür 20 Minuten Zeit, ihr sollt euch aber nicht hetzen. Viel Spaß!“

Anschließend werden die Blumen entweder zu zweit oder in der gesamten Gruppe besprochen. Hier ist einmal mehr auf einen wertschätzenden Umgang mit den gestalteten Blumen hinzuweisen.

„Weiters kann darüber diskutiert werden, wie die Blumen ausgesehen hätten, wären sie nicht für sich selbst, sondern für eine andere Person gestaltet worden. Wie hätte die jeweilige Blume dann ausgesehen? Welche Zuschreibungen wären möglicherweise entstanden? Wäre etwas dazugekommen, weggefallen? Dieses kleine Gedankenspiel kann neue Perspektiven bringen und eine Diskussion über Selbst- und Fremdzuschreibungen in Gang setzen bzw. was es heißt kategorisiert zu werden oder wie Handlungsspielräume erweitert werden können.“

Trainer*in, poika

Diskussion

In der anschließenden Diskussion ist es wichtig, dass auch als negativ empfundene Eigenschaften zugelassen und besprochen werden. Da keine Eigenschaft per se „gut“ oder „schlecht“ ist, gilt es den jeweiligen Kontext einzubringen. Erlaubt es die Gruppendynamik, kann auch über mögliche verletzende Zuschreibungen gesprochen werden.

Weiters kann die Übung selbst, ausgehend von folgenden Fragen diskutiert werden:

Darüber hinaus kann thematisiert werden, wie die Blumen ausgesehen hätten, wären sie nicht für sich selbst, sondern für eine andere Person gestaltet worden. Selbst- und mögliche Fremdzuschreibungen sollen dabei jeweils die eigene Person betreffend geäußert werden. So können auch als beleidigend und unangenehm empfundene Fremdzuschreibungen zum Thema werden.

„Speziell für Teilnehmer*innen, die sich selbst nicht als anders präsentieren wollen oder sich aufgrund ihrer Einzigartigkeit unwohl fühlen bzw. sogar schämen, bietet diese Methode die Möglichkeit, zu diskutieren, was uns einzigartig macht und wie wir diese Einzigartigkeit mit einer Gruppe von Menschen respektvoll teilen, beispielsweise in einer Klassengemeinschaft, die ein von Stress, Rivalität und Zeitdruck geprägter Raum sein kann.“

Trainer*in, poika

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