Die Methode „Planet ohne Geschlecht“ dient der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtsidentität und der anderer Personen, dem Erkennen von Stereotypen, Privilegien, Nach- und Vorteilen sowie Diskriminierungen. Vorlage war eine Methode des Vereins Amazone1, die im Zuge des Projekts WITH YOU*TH adaptiert wurde.
„Planet ohne Geschlecht“ lehnt sich an dekonstruktivistisch-feministische Ansätze an und fördert die Reflexion von Geschlecht als oft unhinterfragte Kategorie. Dabei sind die Teilnehmer*innen gefagt, Geschlecht möglichst genau zu erklären. Dies erweist sich mitunter als schwieriger und komplexer, als es im ersten Moment erscheint und verdeutlicht, wie vielfältig und tief verankert Geschlecht gesellschaftlich ist und welche Bereiche es wirkungsmächtig durchdringt. Ohne entsprechende Anleitung läuft die Methode Gefahr, in geschlechtsbinären Vorstellungen steckenzubleiben. Dem kann einerseits durch eine entsprechende Auswahl der Fragen oder anschließend in der Diskussion gezielt entgegengewirkt werden. Die abstrakte Aufgabenstellung kann mitunter aber auch helfen, über reale, gesellschaftliche Verhältnisse hinauszudenken und die unterschiedlichen Faktoren, die Einfluss auf Geschlecht haben, klarer zu benennen.
Merz, Veronika. Salto, Rolle, Pflicht Und Kür. Materialien Zur Schlüsselqualifikation Genderkompetenz in Der Erwachsenenbildung. Gender Manual II. Zürich: Verlag Pestalozzianum, 2001. ; adaptiert durch den Verein Amazone im Rahmen des Projektes mach es gleich: gender & schule; adaptiert im Rahmen des Projekts WITH YOU*TH.↩
Poster Mädchengruppe 6. Schulstufe
Am besten eignet sich die Übung für Gruppen von 3 bis 20 Personen, da hier genügend Zeit zum Diskutieren und Reflektieren bleibt. Die Methode ist sowohl für Gruppen mit als auch ohne Vorwissen geeignet.
Die Übung findet in drei Schritten statt: Einführung, Kleingruppen- bzw. Einzelarbeit, gemeinsame Diskussion.
Der Einstieg kann beispielsweise so erfolgen:
„Du triffst eine Person von einem anderen Planeten, auf dem es keine Geschlechter gibt. Du hast natürlich jede Menge Fragen an diese Person und sie an dich. Versuche einen kleinen Vortrag für diese Person zu gestalten, damit sie sich besser vorstellen kann, wie Menschen mit einem Geschlecht auf unserem Planeten leben. Behalte dabei im Hinterkopf, dass diese Person weder weiß, was Geschlecht ist, noch Begriffe, die damit zu tun haben, kennt, wie beispielsweise die Wörter ‚Mann‘ oder ‚Frau‘.“
Zur Orientierung können Leitfragen entweder aufgeschrieben oder auf Zetteln ausgeteilt werden. Es macht Sinn, sich aus den hier vorgeschlagenen einige Fragen auszusuchen, außer es steht sehr viel Zeit zur Verfügung. Darüber hinaus kann es für die Teilnehmer*innen hilfreich sein, Plakate zu gestalten. Dann dauert die Übung etwas länger.
Mögliche Leitfragen:
Wie erklärst du einer Person von einem anderen Planeten, was es bedeutet, ein Geschlecht zu haben?
Was macht einen Buben/Mann oder ein Mädchen/eine Frau aus?
Wie sollen sich Menschen mit einem bestimmten Geschlecht verhalten?
Was dürfen sie, was dürfen sie nicht?
Wie viele Geschlechter kennst du? Versuche dabei nicht an biologische, also körperliche Merkmale zu denken, sondern an gesellschaftliche Erwartungen und Verhaltensweisen.
Warum finden viele Menschen, dass Geschlecht in ihrem Alltag keine große Rolle spielt, und beharren trotzdem auf zwei Geschlechtern/Geschlecht als etwas „Natürlichem“?
Die Person möchte auch einmal ein Geschlecht ausprobieren. Auf ihrem Planeten sind alle Körper unterschiedlich – was rätst du ihr?
Auf dem Planeten, von dem diese Person kommt, werden alle respektvoll behandelt. Welche Änderungen müsste es auf der Erde geben, damit dies auch hier der Fall ist?
Nachdem die Kleingruppen oder Einzelpersonen Antworten gesammelt und ihre Vorträge fertig vorbereitet haben, kommen alle im Plenum zusammen und die Ergebnisse werden präsentiert.
Anmerkung: Es kann auch Spaß machen, die Diskussion als Rollenspiel zu führen und das Aufeinandertreffen der Person von der Erde mit der Person von dem anderen Planeten durchzuspielen.
In der an die Präsentationen anschließenden Diskussion ist es wichtig, eventuell stereotypisierende Aussagen aufzugreifen und zu reflektieren. Dabei ist darauf zu achten, dass Geschlecht nicht naturalisiert wird und auch trans und genderqueere Identitäten einen Platz bekommen. Wissen um queerfeministische Genderdiskurse ist von Seiten der Trainer*innen daher unbedingt notwendig.
Abgesehen davon sind mögliche Diskussionsfragen:
Warum hast du/habt ihr bestimmte Eigenschaften bestimmten Geschlechtern zugeschrieben? (Hier können konkrete Beispiele aus den Präsentationen genannt werden.)
Wenn eine Frau/ein Mann sich nicht nach stereotypen Mustern verhält, hat sie/er dann plötzlich ein anderes Geschlecht?
Wer kann bestimmen, welches Geschlecht eine Person hat? (Diese Frage zielt darauf ab, dass nur eine Person selbst fühlen kann, welches Geschlecht sie hat.)
Warum denkt ihr werden Menschen ausgelacht oder fertiggemacht, wenn sie sich nicht an Geschlechternormen halten?
Wann habt ihr gewusst, welches Geschlecht ihr habt?
Warum glaubt ihr, denken so viele Menschen, dass es nur zwei Geschlechter gibt?
Was wünscht ihr euch von der Gesellschaft in Bezug auf Geschlecht?
Genderqueer beschreibt Menschen, die sich nicht in einer zweigeschlechtlichen Norm verorten oder Menschen, deren Geschlechter wechseln. Genderqueer kann eine ähnliche Bedeutung wie nicht-binär oder genderfluid haben, die Definition obliegt aber den Menschen, die es betrifft.1
Vgl. Queer Lexikon e.V., 2017, https://queer-lexikon.net/2017/06/15/genderqueer/.↩